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Fischtreppe

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Ar­ten­schutz am Schöpf­werk Auf­zug für Aale statt Tod im Siel:

So wer­den in Nord­fries­land Fi­sche ge­ret­tet - Von Ute Wal­ter | 30.03.2025, 08:00 Uhr

Freu­en sich, dass die Fi­sche si­cher durchs Schöpf­werk kom­men: Ober­deich­graf Jan Ra­be­ler (r.) und Schöpf­werks­wär­ter Hel­ge Mi­cha­el­sen.

FOTO: UTE WAL­TER Ein Ar­ti­kel der Re­dak­ti­on

Am Schöpf­werk Sax­fäh­re in der Ge­mein­de Kol­den­büt­tel ist eine Fisch­pas­sa­ge in Be­trieb ge­nom­men wor­den. Die voll­au­to­ma­ti­sier­te An­la­ge ist die ers­te ih­rer Art, die an ei­nem Schöpf­werk an­ge­bracht wor­den ist. Sie könn­te Vor­bild für vie­le Wei­te­re wer­den. Und so funk­tio­niert sie.

Am Schöpf­werk in Kol­den­büt­tel gibt es für Fi­sche jetzt ei­nen ganz be­son­de­ren Ser­vice. Über eine neue Fisch­pas­sa­ge wer­den die Tie­re am für sie ge­fähr­li­chen Schöpf­werk vom Ober­was­ser ins Un­ter­was­ser und um­ge­kehrt trans­por­tiert. Be­son­ders Blan­k­aa­le, die auf der Ro­ten Lis­te ste­hen, sol­len da­mit un­be­scha­det in die Ei­der und von dort in die Nord­see ge­lan­gen. Aber auch alle an­de­ren Fi­sche, kön­nen den Auf­zug nut­zen. Ohne das aus­ge­klü­gel­te Sys­tem wä­ren die Fi­sche in gro­ßer Ge­fahr, er­klärt Ober­deich­graf Jan Ra­be­ler: „Sie pral­len ge­gen das Git­ter des Schöpf­werks und ver­en­den. Oder sie ge­lan­gen in die Pro­pel­ler der Pum­pen.“ Im Schöpf­werk herrscht im­men­ser Druck: Fi­sche kön­nen ster­ben Ein wei­te­res Pro­blem für die Tie­re sei auch der im­men­se Druck, der im In­ne­ren des Schöpf­werk herrscht: „Wir pum­pen bis zu 1.800 Li­ter pro Se­kun­de hier durch. Der Druck nimmt dann plötz­lich ganz stark zu, und die Schwimm­bla­sen der Fi­sche kön­nen plat­zen. Das wäre so, als wür­den wir plötz­lich in die Tie­fe tau­chen, ohne auf­zu­pas­sen“, er­klärt Ra­be­ler. Die neue Fisch­pas­sa­ge, die seit dem 24. März in Be­trieb ist, soll nun Ab­hil­fe schaf­fen.

Ak­tu­ell sei­en laut Ra­be­ler und Mi­cha­el­sen vor al­lem Stich­lin­ge im Fisch­he­be­trog zu fin­den. FOTO: UTE WAL­TER

„Ge­plant ist das Pro­jekt be­reits seit 2012“, ver­rät Jan Ra­be­ler. Da­mals hat­ten sich Ecke­hard Bock­woldt von der Agen­da 21 Kol­den­büt­tel und der Siel­ver­band Sax­fäh­re zu­sam­men­ge­tan, um sich für den Aal­schutz zu en­ga­gie­ren. Zu­nächst sei für das Schöpf­werk eine Art Aal-Staub­sau­ger ge­plant ge­we­sen. Doch dann kam der Lan­des­be­trieb für Küs­ten­schutz, Na­tio­nal­park und Mee­res­schutz Schles­wig Hol­stein (LKN) ins Spiel und ent­schied sich, sich am Pro­jekt zu be­tei­li­gen und die Mit­tel auf­zu­sto­cken. Aus die­ser Zu­sam­men­ar­beit ent­stand schließ­lich die Idee für die in­no­va­ti­ve Fisch­pas­sa­ge. Die Funk­ti­ons­wei­se der ge­sam­ten An­la­ge ist kom­plex: Sie wird von ei­ner spe­zi­el­len Soft­ware ge­steu­ert, die den prä­zi­sen Ab­lauf al­ler Kom­po­nen­ten ko­or­di­niert. „Mo­men­tan läuft die An­la­ge rund um die Uhr“, er­zählt Schöpf­werks­wär­ter Hel­ge Mi­cha­el­sen. Alle 25 Mi­nu­ten wie­der­holt sich der Zy­klus: Durch ei­nen Lockstrom, der die na­tür­li­che Strö­mung des Was­sers imi­tiert, wer­den die Fi­sche in die ers­te Schleu­sen­kam­mer ge­lockt.

Die aus­ge­klü­gel­te An­la­ge im Grund­riss. FOTO: PLA­NUNGS­BÜ­RO LIN­DE­MANN + UL­RICH

Ein Fein­re­chen blo­ckiert den Weg zu den Pum­pen und be­ein­flusst durch sei­ne ae­ro­dy­na­mi­sche Form zu­dem wei­ter die Strö­mung und so­mit den Weg der Fi­sche. Von der ers­ten Kam­mer aus wer­den die Tie­re dann in den Fisch­he­be­trog ge­lockt, eine Art au­to­ma­ti­schen Auf­zug, der mit Was­ser ge­füllt ist und auf das Ni­veau des Ober­was­sers fährt. Dort an­ge­kom­men, öff­nen sich die Schleu­sen und die Fi­sche kön­nen her­aus schwim­men. Das Kon­zept für die Fisch­pas­sa­ge stammt von Dr. ing. Rein­hard Has­sin­ger von der Uni­ver­si­tät Kas­sel, ehe­mals Lei­ter der Ver­suchs­an­stalt und Prüf­stel­le für Um­welt­tech­nik und Was­ser­bau. „Wir ha­ben ihm für den Bau die Li­zen­zen für den Fisch­re­chen und den Fisch­he­be­trog ab­ge­kauft“, so Ober­deich­graf Ra­be­ler. Ins­ge­samt sei­en wäh­rend der lan­gen Pla­nungs­zeit die Kos­ten für das Pro­jekt im­mens ge­stie­gen, am Ende la­gen sie laut Ra­be­ler bei rund drei Mil­lio­nen Euro.

Am Schöpf­werk Sax­fäh­re der Ge­mein­de Kol­den­büt­tel ist eine Fisch­pas­sa­ge in Be­trieb ge­nom­men wor­den. FOTO: UTE WAL­TER

Fi­nan­ziert wur­de die Fisch­pas­sa­ge durch das Land Schles­wig-Hol­stein, der LKN war als kon­trol­lie­ren­de Hand tä­tig, wäh­rend der Deich- und Haupt­siel­ver­band für die Um­set­zung zu­stän­dig war. Un­ter­stützt wur­den sie da­bei von ei­nem Pla­nungs­bü­ro und dem Kreis-Ang­ler­ver­band Nord­fries­land. Die Wan­der­zeit der Aale be­ginnt erst im Spät­som­mer, ak­tu­ell sei­en laut Ra­be­ler und Mi­cha­el­sen vor al­lem Stich­lin­ge im Fisch­he­be­trog zu fin­den. Ra­be­ler ist ge­spannt, wel­che wei­te­ren Fisch­ar­ten die Pas­sa­ge nut­zen: „Das wird in ei­nem Mo­ni­to­ring un­ter­sucht.“ Die neue Fisch­pas­sa­ge stellt ei­nen wich­ti­gen Schritt zum Schutz der hei­mi­schen Fisch­ar­ten dar und könn­te als Vor­bild für ähn­li­che Pro­jek­te an an­de­ren Schöpf­wer­ken ent­lang der Küs­te die­nen.